Das Oeffnen eines Kontrabasses

Den Korpus eines Kontrabasses zu Oeffnen ist manchmal leider nicht zu umgehen. Schwere Beschädigungen oder der Austausch eines ermüdeten Bassbalkens können unter anderem ein Grund sein, wieso ein Oeffnen der Schachtel nötig wird.

In diesem speziellen Fall lagen gleich mehrere Gründe vor: abgelöste Traversen vom flachen Rücken, unzählige und sehr versplitterte Zargenrisse, verpilzte und abgelöste Verleimungen an den Eckklötzen und am Unterklotz, fehlender Oberklotz und ein abgerissenes Oberblatt.

Da die Beschädigungen am Rücken weit erheblicher waren als an der Decke, entschied ich mich zum Ablösen des Rückens. Der harte Ahorn hält den Belastungen dieser Prozedur weitaus leichter stand als das weiche und zerbrechliche Fichtenholz der Decke.

Mit einem Spezialwerkzeug wird die Naht aufgedrängt. Ein gutes Gehör ist hier ein Muss, verrät doch das feine Knistern des brechenden Leimes die korrekte Position des Werkzeuges. Muskulatur und Geduld werden auf eine harte Probe gestellt, bis die Arbeit endlich vollbracht ist.

Doch auch nach 40 Jahren Berufserfahrung ist es immer noch ein erhebender Moment, wenn man den Rücken oder die Decke vom Zargenkranz hebt und das Innere des Basses ins Licht der Lampe rückt. Der Bass gibt seine Geheimnisse preis und oeffnet den Blick in sein Innerstes.

Alte Reparaturen, der Staub von Jahrhunderten, ein Fetzen einer Zeitung mit alter Schrift, Kolophonsplitter, Fragmente von Darmsaiten und Streifen alter Leinwand, wohl von einer Zargenreparatur abgefallen. Jeder dieser Teile erzählt seine Geschichte, die auch ein Teil der Geschichte dieses Kontrabasses ist.

Deutlich zu sehen sind die abgelösten Traversen. Die ewigen Vibrationen und die trockene Luft haben den Leim versprödet und der Halt ging irgendwann verloren.

Zudem ist die Traverse quer zum Holzverlauf des Rückens verleimt und diese Versperrung kann dem natürlichen Schwinden und Quellen des Holzes unmöglich ewig standhalten.

Im Holz dieses Basses findet sich auch immer wieder Wurmfrass. Ich mache sicher noch eine genaue Liste aller Beschädigungen. Doch was jetzt schon klar ist, wir beide werden noch lange zusammenarbeiten, dieser schöne alte Bass und ich, der alte Reparateur…….

In diesem Sinne, bis gleich wieder mal hier auf meinem Blog

Giorgio Pianzola, Geigenbauer

© Copyright Text und alle Fotos, Giorgio Pianzola Bern 2024

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