Die Bogenbauerdynastie H.R. Pfretzschner

Heute möchte ich Euch gerne ein wunderschönes Buch vorstellen. Anlässlich einer Ausstellung in der traditionsreichen Geigenbauhochburg Markneukirchen über die Dynastie der berühmten Bogenbaufamilie Pfretzschner ergriff der VDG, der Verband deutscher Geigenbauer und Bogenmacher, diese einzigartige Gelegenheit und fotographierte die vielen wertvollen Stücke dieser Ausstellung, um sie zu einem Buch zusammen zu fassen. Dieser Weitblick ist bewundernswert, ist es doch nahezu unmöglich, Musiker, Sammler und Händler zeitgleich zu überreden, ihre Schätze zur Verfügung zu stellen und dem interessierten Publikum zugänglich zu machen.

In hochwertigem Fotopapier gestaltet und mit exzellenten Fotos von vielen Bögen und deren Details versehen, führt das Buch auch mit einem starken Text von René Pfretzschner, dem Stammhalter dieser grossen Familie, durch die jahrhundertealte Geschichte ihrer vielen Generationen. In unzähligen Abbildungen und historischen Fotografien werden Arbeitsweisen und der hohe Qualitätsanspruch der Firma dokumentiert. Die Zusammenarbeit mit bekannten Musikern wie Oskar Brückner, Henri Petri und August Wilhelmy und deren speziellen Modelle sind vorgestellt. Auch das berühmte Kontrabassmodell Leonhard Karmanns oder das im Bass äusserst seltene Modell „Ideal“ sind abgebildet. Erfolge wie die Verleihung des Titels des königlich sächsischen Hoflieferanten werden aufgeführt wie auch die Schattenseiten dieser Dynastie.

Die dunklen Zeiten nach dem Krieg etwa, in dem das kommunistische Deutschland das blühende und weltweit bekannte Handwerk Markneukirchens systematisch zerstörte und in eine uniformistische Planwirtschaft von sinkender Qualität zwang und von der Familie Pfretzschner verlangte, ihre Qualitätsansprüche zu unterschreiten. Oder der noch immer schwelende Streit zwischen den beiden Aesten der Familie, der beide Seiten wohl viel Energie, Zeit, Geld und so einiges Ansehen des einst so stolzen Namens gekostet hat. Auch die unzähligen Fälschungen werden angesprochen und mit den Abbildungen der echten Stempel wird zumindest etwas Klarheit für den Händler und Musiker geschaffen.

Kein anderer Name wurde so schamlos missbraucht. Manchmal benutzten die Fälscher nur andere Initialen, um vor dem Gesetz sicher zu sein. Doch vielfach brannten die Fälscher gar das H.R. Pfretzschner ein und setzten das Wappen des Hofes auf den Frosch. Doch die schlampige Arbeit und die schlechte Gewichtsverteilung der Stange verrieten den Fälscher. Denn eine Stange von dieser Eleganz und Wendigkeit zu hobeln, gelingt nur dem wahren Meister. Das kann ein falscher Stempel nicht vortäuschen. Trotzdem sind immer noch unzählige Fälschungen auf dem Markt. Zumindest hilft der abgebildete Stammbaum nun, die richtigen Namen zuzuordnen.

Das Buch bietet vielfältige Informationen und fast wünschte man sich noch mehr davon, vorallem, wenn man selber einen Bogen dieses Meisters spielt. Viele engagierte Könner und Liebhaber haben daran mitgearbeitet und ohne sie wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Klaus Grünke, Markus Lage, René Pfretzschner, Josef Gabriel, Hans-Karl Schmidt, Benjamin Schröder, Daniel Schmidt und natürlich der VDG haben dies ermöglicht. Ihnen allen mein herzlichen Dank. Besten Dank auch an Günther Lobe, den unermüdlichen Obmann der Bubenreuther Geigenbauinnung, für seine vielen Anregungen und Tipps.

Das Buch ist auf Anfrage bei mir erhältlich.

In diesem Sinne, viel Spass und bis gleich wieder mal, Euer

Giorgio Pianzola, Kontrabassbauer

© Copyright Text Giorgio Pianzola Bern 2012, Foto H.R. Pfretzschner & VDG Frankfurt Deutschland

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